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Xiv. §. 9. Cäsar's Herrlichkeit und Untergang.
seinem Häuptling Ariovist über den Rhein gekommen war und sich
in den gallischen Landschaften niederlaffen wollte. Sie riefen Cäsar
zu Hülfe, und das gab ihm die erwünschte Veranlassung, in die Ange-
legenheiten jener keltischen Völkerschaften einzugreifen. Er vertrieb den
Ariovist und scheuchte ihn über den Rhein zurück. Aber er machte
sich nun selbst zum Herrn des ganzen Galliens am Rhein entlang,
dann auch der westlicheren Provinzen am Meer, er besiegte die muth-
vollen und kriegerischen Velgen, er dampfte die wiederholten Aufstände
des Ambiorir, des Verein getorir, er schlug in den neun Jahren
seines Aufenthalts in Gallien unzählige Schlachten, eroberte viele hun-
dert feste Städte, unterwarf oder vernichtete große und mächtige Völ-
ker, ja er griss schon über den Rhein und über den Canal hinaus, be-
trat mit seinen Heeren den deutschen und den britannischen Boden und
rückte das römische Gebiet bis nahe an die äußerste Grenze, die es
später im Norden erhalten sollte. Ueberall im eroberten Lande wurden
römische Colonicen angelegt (sind doch fast alle namhaften Städte am
linken Ufer des Rheins römischen Ursprungs). Römisches Recht, rö-
mische Sitte, römische Sprache erfüllten allmälig ganz Gallien, das
Keltengeschlecht, so weit es nicht aufgerieben war, ward mit römischem
Wesen vollständig durchknetet; Gallien wurde fortan von einem Misch-
volk bewohnt — Galloronianen oder romanisirten Galliern. Nur in
dieser Form und Mischung konnte das keltische Geschlecht jener Länder
einen Antheil gewinnen an der mitteleuropäischen Cultur, die sich jetzt
bald auf Grund des christlichen Glaubens und christlicher Sitte neu ent-
wickeln sollte.
§. 9. Cäsar's Herrlichkeit und Untergang.
Der Dreimännerbund war schon im Jahre 33 durch den Tod
des Crasfus ein Zweimännerbund geworden. Beladen mit dem
Fluche der römischen Tribunen, die seinen eigenwilligen raubsüchtigen
Auszug gegen die Parther als ein dem Volk und Staat bereitetes
Unglück erkannten , beladen auch mit dem Fluche der Juden, deren
Tempelschätze, die Pompejus geschont hatte, er mit frevelnder Hand
geraubt, war er schmachvoll bei Carrhä*) gegen die Parther ge-
blieben. Die beiden noch übrigen Gewalthaber, nicht durch Liebe,
sondern durch selbstsüchtige Absichten mit einander verbunden, traten
alsobald wieder in ihre frühere feindliche Stellung gegen einander
zurück. Trotz der ungeheuren Geldspenden, mit denen Cäsar
von Gallien aus sich halb Rom und Italien, Städte und Pro-
vinzen erfmifte, war dennoch der größere Theil der Optimaten
für Pompejus; denn sie fürchteten den Letztem weniger als den
I Carrhä ist vermutlich Abraham's Haran.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn]]
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Xiv. §. 1. Erste Berührung Rom's mit der Griechenwelt (200).
Xiv. Rom's Eintritt in die Weltherrschaft.
Motto: Der Herr will die Völker in die Bande dez Bun-
des zwingen. —
»Der eiserne Reisen wird nm die Völker geschlagen.»
§. 1. Erste Berührung Rom's mit der Griechen-
welt (200).
Nachdem Karthago niedergekämpft war, hatte Rom keine Neben-
buhlerin mehr zu fürchten. Noch einmal hatte es um sein eignes
Bestehen kämpfen müssen; fortan betrat kein fremdes Volk mehr den
Boden des römischen Italiens*). Fast ein halbes Jahrtausend hin-
durch konnten die Römer von dem sichern Boden ihrer Stadt und
ihres Landes, auf drei Seiten gegen fremde Ueberfälle durch das
Meer und durch ihre Flotten beschützt, den stolzen Adlerblick über die
entlegneren Länder und Völker schweifen lassen, um zu erspähen, wo sich
eine Gelegenheit zur weitern Anwendung ihres Herrscheramtes zeigen
würde. Denn Herrschen, Ordnen, Gestalten war nun einmal ihr
Talent und ihre Leidenschaft. Selber Neues hervorbringen, Erfin-
dungen machen, geistige Anlagen pflegen, in Kunst und Wissenschaft
sich hervorthun, dazu waren sie nicht gemacht. Aber gegebene Ver-
hältnisse zu ergreifen und zu praktischen Zwecken zu benutzen, verwirrte
Zustände in's Klare zu bringen, gährende und zuchtlose Völker unter
zweckmäßigen und durchgreifenden Gesetzen zu zähmen, Ruhe und
Ordnung zu halten in dem wilden Getreide der bewegten Welt —
das verstanden sie meisterlich, denn dazu hatte Gott sie berufen und
ausgerüstet. Und nun da die westlichen Uferländer des mittellän-
dischen Meeres bereits alle mehr oder minder unter das römische
Gesetz und Joch sich beugten, konnte kein Zweifel sein, daß Rom's
eiserne Tritte sich zunächst auf dem Grund und Boden der drei
ersten Weltreiche würden vernehmen lassen, in Griechenland und in
Asien. Schon war der Anfang gemacht. Nicht bloß Pyrrhus
hatte die Aufmerksamkeit der Römer nach Griechenland gelenkt. Durch
ein unkluges Bündniß mit Hannibal hatte der macedonische König
Philipp die römischen Unterhändler und Gesandten, Flotten und
Heere selber bereits nach Griechenland gezogen und schon während
des zweiten punischen Krieges hatten Römer und Macedonier sich
mit einander gemessen. Unvorsichtig fuhr Philipp auch nachher noch
') Die nördlichen Theile Italiens, in welche zu Ende des zweiten Jahrhun-
derts die Cimbern eindrangen, wurden bekanntlich in der alten Geographie zu
Gallien gerechnet.
13
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Hannibal Philipp Philipp Philipp Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Karthago Griechenland Asien Griechenland Griechenland Italiens Gallien
Xix. §. 14. Einbruch der Normannen in die christliche Kirche. Z51
nun auch mit den germanischen Dänen und Normannen. Nur
mit dem Unterschiede, daß während jene frühesten Stämme alle zu
Lande sich hineingedrängt hatten, diese letzteren als echte Kinder des
Meeres, Seeräuber und Freibeuter, sich allesammt zu Schiffe setzten
und wo irgend eine christliche Küste ihnen offen stand, wo ein
schiffbarer Strom sie zu reichen Städten, Kirchen oder Abteien führte,
wo ein fruchtbares Ufergebiet ihnen reiche Ausbeute versprach, da so-
fort erschienen wie aus dem Meer entstiegene, wie vom Sturmwind
plötzlich herbeigeführte Heuschreckenschwärme, die Alles plünderten, ver-
heerten, verbrannten, was ihre kecken Hände nur zu erreichen ver-
mochten, und mit großer Beute beladen und vielen Gefangenen in ihre
arme, kalte, unwirthliche Heimath zurückkehrten. So drangen sie ein
in die Ströme Englands, Frankreichs, ja selbst Spaniens und Ita-
liens und plünderten mit demselben ungestraften Uebermuth (denn das
früher unter Karl dem Großen so gewaltige Frankreich war unter
seinen Nachfolgern wehrlos jedem kühnen Feinde preisgegeben) Ham-
burg an der Elbe und Toulouse an der Garonne, Paris und London,
Köln am Rhein und Lissabon am Tajo, ja sie wagten sich sogar vor
Rom und Constantinopel. Den meisten dieser schrecklichen Seekönige,
die einen ungeheuren Jammer über das gesammte Frankenreich verbrei-
teten, kam es freilich nur darauf an, zu rauben und sich einen berühm-
ten Namen zu machen. Aber etliche hatten es ausdrücklich auf Land-
besitz abgesehen. Dem tapfern angelsächsischen König von England
Alfred dem Großen (871—901) und seinen Nachfolgern trotzten sie
große Stücke des englischen Bodens ab, ja eine geraume Zeit (wäh-
rend der ersten Hälfte deö Ii. Jahrhunderts) waren Dänen die Be-
herrscher Englands, dänische Könige saßen auf dem englischen Thron
und traten hier mit ihrem ganzen Volk zum Christenthum über.
Schon viel früher, schon seit 815 hatten sich normannische Heer-
führer im nördlichen Frankreich festgesetzt und da die schwachen Ka-
rolinger sie nicht wieder zu vertreiben vermochten, so mußten sie ihnen
endlich die ganze Bretagne und Normandie abtreten (912). Auch
diese traten sofort mit allen ihren Leuten zum Christenthum über.
Von diesem Punkt aus breiteten sich die kühnen Seehelden weiter
nach zwei Seiten hin aus: nach Sicilien und Unter-Italien und nach
Britannien. Sicilien gewannen sie aus den Händen ver Araber,
Griechen und Longobarden, die sich darum stritten und Robert
Guiscard gründete ein herrliches Normannenreich au diesem süd-
lichsten Punkt Europa's (1032). Ein anderer Eroberungszug ging
von der Normandie nach der Küste Englands hinüber, wo die Sach-
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Extrahierte Personennamen: Karl Robert
Guiscard
Extrahierte Ortsnamen: Englands Frankreichs Spaniens Frankreich Toulouse Paris London Rhein Lissabon Constantinopel Englands Frankreich Sicilien Britannien Englands
466 Xxii. §. 13. Erhebung der östreicbisch-burgundlsch-spanischen Macht.
Mericaner, die mit ihren scheußlichen Menschenopfern himmelschreiende
Greuel trieben, empfingen nichts Anderes, als was ihre Thaten werth
waren; wie aber, wenn wir von dem jammervollen Untergang des fried-
lichen Geschlechts der Jncas in Süd-Amerika lesen! wenn wir der
schändlichen Rohheiten gedenken, mit denen so gemeine Menschen, wie
Pizarro und Almagro die herrlichen Reiche Peru, Chili, la Plata
und was sonst den Spaniern in Süd-Amerika zufiel, sich unterworfen ha-
den, wie sie mit Hängen, Rädern und Köpfen die Eingebornen und die
Fürsten des Landes in Schrecken setzten, wie sie die Scheiterhaufen an-
zündeten für die, welche Heiden blieben, und die sich taufen ließen er-
drosselten, wie sie von rasendem Golddurst geplagt gegen einander
wütheten und die unermeßlichen Schätze der reichen Länder sich gegen-
seitig aus den Händen rissen — es ist ein Werk des Fluches und der
Thränen, diese Eroberung der amerikanischen Reiche, und Fluch und
Thränen haben sie viel tausendfach in ihrem Spanien zurückenipfangen,
ja Fluch und Thränen sind bis auf den heutigen Tag das Erbtheil der
südamerikanischen Christenstaaten. Da ist nie und nirgend ein Segen,
eine Entwicklung, ein Gedeihen zu spüren. Sich selber zerfleischen sie
jetzt, wie sie einst das Jndianergeschlecht zerfleischten. Das untergegan-
gene Heidenvolk aber, wie räthselhaft, wie geheimnißvoll ragt es aus
der Nacht unbekannter Jahrhunderte in unsere Geschichte hinein. Völker
aus den höchsten Stufen einer heidnischen Cultur, deren Prachtgebäude,
Bildwerke, Kunststraßen, Wasserbauten, Priesterschaften und Fürstenge-
schlechter uns fast an die alten Aeghpter erinnern und deren Denkmäler
auf noch ältere, längst vor ihnen oder durch sie zu Grunde gegangene
andere Reiche und Völker zurückweisen; kaum kommen sie mit der
Christenheit in Berührung, kaum scheinen sie uns bekannt werden zu
sollen, da sinken sie auch schon in's Grab und Keiner bleibt, der uns
aus ihrer Vorzeit noch erzählen konnte. So begegnet auf fernem
Meere ein unbekanntes kostbar ausgerüstetes Fahrzeug einem schweren
von unkundiger Hand geleiteten Schisse. Eben beginnen die Passagiere,
den majestätischen Bau und die fremdartige Schönheit des entgegenkoin-
menden Meerschiffs zu bewundern. Aber in demselben Augenblick se-
gelt auch schon ihr plumpes Fahrzeug über die glänzende Erscheinung
hinweg, und alle Geheimnisse des räthselhaften Wunderschiffes liegen
für immer begraben in der Tiefe.
§. 13. Erhebung der oftreichisch - burgundisch - spani-
schen Macht.
Die wichtigsten Vorbereitungen zur Anbahnung einer neuen Pe-
riode, zur Beschreitung einer neuen Stufe geistiger Entwicklung, zur
Gewinnung einer neuen Grundlage des Glaubens und der Lehre wa-
ren getroffen. Die Reformation, die längst geweissagt, die von Tau-
senden ersehnt war, mochte beginnen. Aber die Christenheit war ja
zertrennt und jedes Volk ging seine eignen Wege. Brach sie also in
dem einen Lande hervor, so war sie aus dem Nachbarlande schon um
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190 Xiii. §. 12. Beginn des Wettkampfes zwischen Rom und Karthago.
stimmt war, aus einem griechischen und einem orientalischen. Mit
den Griechenkräften, geführt von Pyrrhus, hatten die Römer eben
ihren ersten Gang bestanden, und der Preis des Kampfes waren die
schönen Landschaften Unter-Italiens gewesen. Unmittelbar daraus
folgte schon ein anderer Kampf, in welchem die Römer auch mit den
orientalischen Kräften sich messen sollten, zwar noch nicht auf orienta-
lischem Boden, wie auch mit Pyrrhus noch nicht auf griechischem
Boden, aber doch jetzt zum ersten Male außerhalb Italiens, auf dem
Meer, auf den Inseln, auf der afrikanischen Küste. Das einzige
orientalische Volk aber, dem wir außerhalb des Orients in westlicheren
Bezirken begegnen, das also mit den westlich wohnenden Römern in
Berührung kommen konnte, war das phönizische Handelsvolk. Die
weit ausgreifenden Handelsniederlassungen der tyrischen und sidoni-
schen Kaufleute bemerkten wir schon früher an fast allen Gestaden
des westlichen Mittelmeers, an den Küsten Rordafrika's, Spaniens,
Galliens. Bei Weitem als die mächtigste dieser phönizischen (latei-
nisch: pönischen oder panischen) Colonieen stand Karthago da. In
rastlosem Streben nach Reichthum und Länderbesttz hatte die schnell
emporblühende Handelsrepublik allmälig die ganze Nordküste Asri-
ka's von den Grenzen Cyrene's an bis zu den Säulen des Hercules
sich unterthänig gemacht und beherrschte mit ihren zahlreichen und
wohlgeübten Kriegsflotten die Inseln des Mittelmeeres und den
nächstgelegenen Küstenrand Spaniens. Nicht immer waren es die
ehrenvollen Wege offener Kriegführung und überwiegender Bildung,
welche die Völker und Länder ihr unterwarfen, sondern öfter noch die
ränkevollen Windungen einer treulosen Staatsklugheit und der Schre-
cken barbarischer Grausamkeiten, womit diese Kinder Ham's im We-
sten wie im Osten sich Bahn zu machen suchten. Denn hamitischer
Götzendienst, verpaart mit Wollust und Mordsucht, hielt die Kartha-
ger in gleichen Sündenketten gefangen, wie die Cananiter, und der
Untergang der prachtvollen Handelsstadt am afrikanischen Strande er-
folgte durch die Hand der göttlichen Gerechtigkeit um derselben Sün-
den des Hochmuths und der Gottlosigkeit und des Geizes willen,
wie der Untergang der Mutterstädte am Fuße des Libanon. Rom
war vom Herrn ausersehen zum Zuchtmeister des hoffärtigen Geschlechts.
Aber nicht plötzlich, nicht blitzartig einschlagend brach das Verderben
über den stolzen Handelsstaat herein. Fast ein Jahrhundert hindurch
dauerte das gewaltige Ringen, das wechselnde Obsiegen und Unter-
liegen, ehe Karthago's Herrlichkeit unterging. Ihr war eine lange
Gnadenfrist gegönnt, viel Raum und Aufforderung zur Buße ge-
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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Extrahierte Ortsnamen: Rom Karthago Italiens Spaniens Galliens Karthago Spaniens
294 Xvm. §. 1. Ueberblick über die Geschicke des byzantinischen Reichs.
stellen; und wir spät lebenden Geschlechter sehen es jetzt und erkennen
es mit scheuer Bewunderung, wie trotz alles äußern Wachsthums der
heilige Gott dennoch die Mistethaten der Väter heimsucht an den Kin-
dern bis in's dritte und vierte Glied, und wie jedes neu aufsteigende
thronräuberische Herrschergeschlecht in dem westlichen Nachbarreich ähn-
lich wie jenes erste unter Schmach und Schauer, Blut und Frevel zu
Grunde geht.
Xviii. Erhebung des antichristlichen Mohamedanerreichs
auf oströmischem Boden.
Motto: Der Leuchter wird von seiner Stelle gestoßen.
Die Christenheit wird um ein Drittheil gemin-
dert.
8- 1. Ueberblick über die Geschicke des byzantinischen
Reichs.
Während in der zerbrochenen West Hälfte des alten römischen
Weltreichs sich Thon und Eisen (römische und germanische Stämme)
unaufhörlich zu mischen suchten, aber trotz alles Zusammenknetens doch
nimmermehr sich einigen konnten, war die östliche Hälfte, das by-
zantinische Reich, von diesen gewaltigen Veränderungen nur wenig
berührt worden. Zwar die europäischen Provinzen, namentlich
die südwärts der Donau gelegenen, hatten furchtbare Stöße und
Plünderungen durch die Gothen und Hunnen erlitten, auch das
eigentliche Griechenland war gelegentlich von ihnen durchplündert wor-
den , sogar die kleinasiatischen Küsten hatten von ihren verheerenden
Zügen zu leiden gehabt. Aber das Alles war nur vorübergehend
gewesen. Die Massen der Barbaren waren immer wieder abge-
zogen und weiter nach dem Westen gewandert, und hatten nur wenig
Ueberbleibsel ihrer Stämme in dem östlichen Kaiserreich zurückgelassen.
Die außereuropäischen Länder, Klein-Asien, Syrien, Aegypten hatten
fast vollständig ihre hellenistische Bevölkerung behalten und waren
in den Strom der Wandlungen, Erneuerungen, Kämpfe, in die We-
hen einer neuen Schöpfung wenig oder gar nicht hineingezogen
worden. Nicht als ob der Herr sie vergessen hätte. Nicht als
ob Er mit ungleichem Maße messen und die Gerichte, welche
er über die Westländer gebracht, an dem nicht minder schuld-
beladenen Haupt der Orientalen schonend hätte vorüberführen wollen.
Ein schrecklicheres Gericht wartete ihrer, dieweil ihre Schuld die größere
war. Aber wenn auch die Glieder dieses faulenden Staatskörpers
alsbald von einem widerchristlichen Geschlecht zerschlagen und zertrüm-
mert werden sollten, so war es doch nicht die Absicht des heiligen
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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316 Xviii. §. 10. Weiteste Ausdehnung des Khalifats ic.
übrig unter der Herrschaft der byzantinischen Kaiser und auch diese
Stücke, namentlich Constantinopel selbst wurde unaufhörlich von den
übermüthigen Feinden bedroht.
Schon gleich nachdem sie an die Küsten des mittelländischen Mee-
res vorgedrungen waren (648), hatten die Araber ihren Entschluß
kund gegeben, ihren Glauben auch über das Meer hin auszubreiten.
Die Söhne der Wüste wurden Seehelden aus Glaubenseifer. Bald
sehen wir sie aus wohlgerüsteten Schiffen das Meer durchkreuzen und
an den entlegensten Punkten die europäischen Küsten heimsuchen. Bald
fallen sie in Sicilien ein, dann wieder setzen sie die italienischen Ufer-
städte in Schrecken, gleich darauf erscheinen sie vor den griechischen
Inseln und Häfen; ganz besonders ist es Constantinopel, die glänzende
Kaiserstadr, die ihre Habsucht und ihren Ehrgeiz reizt. Wie oft haben
sie den Angriff versucht, wie gewaltige Anstrengungen haben sie ge-
macht und wie furchtbar die lasterhafte Stadt erschüttert. Fast ein
Jahrzehend hindurch (unter den Kaisern Constansll. und Constan-
tinuslv.) haben sie Jahr für Jahr die Belagerung erneuert. Und
wohl hätte man denken sollen, daß auch für Constantinopel die Zeit
des Gerichtes gekommen sei; so greuliche Frevel erfüllten den kaiser-
lichen Palast und Stadt und Reich. H eraclius (610 — 641), der
Vorgänger der beiden eben genannten Kaiser, war dadurch auf den
Thron gekommen, daß das Volk den frühern Kaiser, Phocas, der
die ganze Familie des Kaisers Mauritius auf unsäglich rohe und
scheußliche Weise umgebracht hatte, in Stücke riß und seinen Anhang
vertilgte. So trat Heraclius, der Stifter einer neuen Herrscherfa-
milie, sogleich tief in die Blutlache hinein, die sich schon längst um
den byzantinischen Thron gebildet hatte, und seine Nachfolger wateten
auf greuliche Art darin weiter. Der vorhin genannte Consta ns Ii.
(642 — 668), Sohn eines von seiner Stiefmutter vergifteten Sohns
des Heraclius, vergiftete selber wieder seine Brüder und wurde im
Bade ermordet. Constantin Iv. (668 — 685), unter welchem Con-
stantiuopel in die höchste Gefahr kam nicht bloß durch die Araber,
sondern auch durch die von Norden hereinbrechenden Bulgaren, ließ
darum doch nicht ab, Thron und Reich mit schweren Grausamkeiten
und Mordthaten zu beflecken; und sein Sohn Justinianii. (685 bis
710), dem die Araber zu gleicher Zeit in Asien Armenien, und in
Afrika Karthago entrissen, wurde wegen seiner unerträglichen Ungerech-
tigkeiten endlich mit abgeschnittener Nase in's Elend gejagt. Der Letzte
aus dem Geschlecht des Heraclius: Justinian Iii. hatte durch all
diese Greuel und Schrecknisse so wenig sich weisen lassen, daß er sich
vielmehr als ein ärgerer Wütherich geberdete als alle seine Vorgänger.
Er wurde von den Bulgaren gefangen und hingerichtet (711, das Jahr
der Eroberung Spaniens durch die Araber). Und sollte man's glau.
den? Mitten unter all dieser Noth und diesen Scheußlichkeiten hörte
man keinen Augenblick auf, mit der äußersten Erbitterung zu streiten —
worüber? Ueber die beiden Naturen in Christo und ob er bloß einen oder
zwei Willen gehabt habe. Darüber berief man Concilien, trat in Par-
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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